1. Verkauf ab 55 Jahre
Den Nephrologen ist es in aller Regel bekannt, dass besondere steuerliche Begünstigungen zum Tragen kommen, wenn sie bei Verkauf 55 Jahre oder älter sind. Gemeinhin wird dabei vom halben Steuersatz gesprochen, was die Erwartung mit sich bringt, dass man nur die Hälfte an Steuern auf den Veräußerungsgewinn bezahlt.
Tatsächlich regelt § 34 III EStG eine Vergünstigung des Einkommensteuertarifes. Die Vorschrift spricht vom ermäßigten Steuersatz. Dieser beträgt 56% des durchschnittlichen Steuersatzes und mindestens 14%.
Der Spitzensteuersatz von 45% wurde im Jahr 2015 ab einem zu versteuernden Einkommen von rund 250.000 € fällig. Ein Nephrologe, der seine Praxis verkauft- das sollte nicht bezweifelt werden – fällt daher mit dem Veräußerungsgewinn auf jeden Fall unter den Spitzensteuersatz, sodass der ermäßigte Steuersatz 56% des Spitzensteuersatzes beträgt. Prozentual ausgedrückt zahlt der Nephrologe also 25,2% auf den Veräußerungsgewinn. Nicht vergessen werden darf, dass hierauf auch noch Solidaritätszuschlag zu zahlen ist, also 5,5% auf 25,2%, mithin 1,39%. Die Gesamtsteuerlast auf den Veräußerungsgewinn beträgt im günstigsten Fall also 26,59%.
Der ermäßigte Steuersatz hat aber ein paar Besonderheiten, die man wissen muss, um nicht zu riskieren, das Privileg zu verlieren. Zum einen kann man die Begünstigung nur einmal im Leben in Anspruch nehmen. Zum anderen kommt man nur in ihren Genuss, wenn man seine freiberufliche Arzttätigkeit wirklich komplett einstellt. Nach dem Verkauf als angestellter Arzt im MVZ des Käufers zu arbeiten ist selbstverständlich erlaubt. Aber Gutachten auf eigene Rechnung schreiben oder Studien weiterführen, kann im Ernstfall schon zur vollen Steuer führen. Es geht um viel Geld. Die Finanzbehörden sind da nicht zimperlich. Der Nephrologe ist hier gut beraten, wenn er keinen Fehler macht.
Zudem kennt der ermäßigte Steuersatz eine Höchstgrenze. Diese beträgt 5 Millionen Euro. Was ab diesem Betrag als Gewinn übrigbleibt, wird voll versteuert. Je nach Größe der nephrologischen Praxis, je nach Positionierung der Nephrologen und abhängig von den sonstigen Rahmenbedingungen, ist es keine Seltenheit, dass man diese Höchstgrenze erreicht. In solchen Fällen kann es helfen, mit dem Käufer über alternative Kaufpreismodell zu sprechen.
Der Freibetrag von 45.000 €, der in § 16 IV EStG geregelt ist, spielt bei nephrologischen Transaktionen keine Rolle, weil die Veräußerungspreise so hoch sind, dass der Freibetrag nicht mehr gewährt wird.
Der Veräußerungsgewinn setzt sich aus dem Kaufpreis zusammen, vermindert um den Buchwert des Anlagevermögens und die Transaktionskosten zuzüglich dem eventuell anfallenden Gewinn auf die steuerliche Entnahme der Praxisimmobilie, die in der Regel nicht mitverkauft, sondern an den Käufer langfristig vermietet wird.
2. Verkauf unter 55 Jahren
Der Steuersatz von 45% zuzüglich Solidaritätszuschlag, gesamt also fast 47%, verleidet einem Nephrologen unter 55 Jahren auf den ersten Blick den Verkauf. In der Regel läuft die Praxis so gut, dass keine Notwendigkeit für einen Verkauf gesehen wird und man wartet auf den künftigen Geburtstag.
Dennoch kann es Gründe geben, derentwegen sich auch schon ein jüngerer Nephrologe für den Kauf entscheiden möchte. Zumeist sind es die älteren Partner in der Gemeinschaftspraxis, die verkaufen können und wollen. Der Jüngere will denen nicht im Wege stehen. Außerdem ist die Zeit gerade günstig und man weiß nicht, wohin sich der Markt entwickelt. Sind die heute bezahlten Höchstpreise in 5 Jahren noch zu erzielen? Was geschieht, wenn der Markt gesättigt ist? Findet sich dann überhaupt noch ein Nachfolger, wenn der größte Teil der Kollegen bereits verkauft haben? Und gibt es nicht immer einen Grund, um beruflich kürzer zu treten? Mit dem Kaufpreis lässt sich jede Menge anstellen.
Trotz der ungünstigeren Rahmenbedingungen finden sich fast immer gute Gestaltungsvarianten, die den Nachteil beim Steuersatz ziemlich gut kompensieren. Die interessierten Konzerne sind hier sehr kooperativ und mit den hochqualifizierten Experten lassen sich gute Konzepte erarbeiten, die steuerlich erprobt sind.
Üblicherweise wird eine Kaufoption angeboten. Das ist das einseitige Recht des Käufers die Praxis oder den Praxisteil des jüngeren Kollegen zum vorher definierten Kaufpreis und zum vorher definierten Zeitpunkt zu kaufen. Man einigt sich also schon heute, zu welchen Bedingungen die Praxis am 55. Geburtstag des Nephrologen übergeht. Klingt einfach, ist es auch. Doch leider ist es oft zu schön, um wahr zu sein. Denn so einfach machen es einem die Finanzbehörden nicht. Zu den Optionsrechten gibt es eine lange Serie von Entscheidungen des Bundesfinanzhofes und die Finanzbehörden haben klare Anweisungen, wie sie mit solchen Gestaltungen umzugehen haben. Der Spielraum ist sehr klein und es ist unbedingt notwendig, die vorgeschlagenen Vereinbarungen genauestens auf ihre steuerliche Anerkennungsfähigkeit hin zu prüfen. Denn wenn man einen Fehler macht und die steuerlichen Rahmenbedingungen nicht eingehalten werden, kann das Finanzamt den Verkaufsfall auf den Tag der Unterschrift unter den Optionsvertrag zurückrechnen. Da ist der Nephrologe noch nicht 55 und muss also die volle Steuer entrichten.
Besser sind gemischte Modelle, die zum einen darin bestehen, dass der jüngere Nephrologe Mitgesellschafter im MVZ des Käufers wird. Käufer und Verkäufer binden sich so, ohne den Verkauf schon sofort zu vollziehen. Der Verkäufer kann dann statt der Gemeinschaftspraxis den Anteil an der MVZ GmbH verkaufen, worauf er dann nur Abgeltungssteuer oder ermäßigte Steuer nach dem Teileinkünfteverfahren zu zahlen hat. Damit liegt er zwischen 25% und 27% Steuerlast, jeweils zuzüglich Solidaritätszuschlag, liegt also in etwa gleich wie beim ermäßigten Steuersatz.
Zudem bindet sich der Käufer an seine Übernahmeverpflichtung zu den heute günstigen Konditionen, indem er ein notarielles Kaufangebot unterbreitet, welches der Verkäufer dann annehmen kann, sobald er es für angebracht hält.
Bis zum definierten Stichtag, der 55 Geburtstag oder ein späterer Zeitpunkt, arbeitet der Nephrologe als angestellter Arzt. Zudem bezieht er für seine Beteiligung an der MVZ GmbH seinen Gewinnanteil, der zumeist als Garantiedividende festgeschrieben wird. Sonst muss er nur noch auf den gewünschten Zeitpunkt warten.
Und noch etwas: Gerade, wenn der Käufer sehr an der Übernahme interessiert ist, findet er sich sogar bereit, den steuerlichen Nachteil für den jüngeren Nephrologen, die Differenz der Steuer, die er beim Verkauf unter 55 zahlen muss im Vergleich zum ermäßigten Steuersatz also, als Aufschlag auf den Kaufpreis auszugleichen.